12/13/2011

" Aber das Hungergefühl ist fast wie das Ritzen. Natürlich nicht ganz, aber ich muss mich dadurch nicht ganz so oft ritzen. (...) An meinem Charakter kann ich nichts ändern, an meinem Aussehen auch nicht. Wenn ich mich da schon nicht verändern kann, will ich wenigstens dünn sein.. Außerdem ist es auch ein Gefühl von Kontrolle. Wo mir alles andere entgleitet kann ich mein Gewicht noch kontrollieren. Außerdem habe ich dadurch ein Ziel.. Einen Grund weiter zu machen." Du sprichst mir so aus der Seele -> *klick*

    > Ich setze einen Fuß vor den anderen, mechanisch, wie ein Roboter. Ich setze mich in die 1. Reihe, mit freier sicht auf deine Urne. Ich muss stark bleiben, habe doch auch an deinem Todestag nicht geweint. Tränen schießen mir in die Augen, als die Musik einsetzt. "Du musst nicht stark bleiben.", flüstert mir meine Schwester zu und drückt mich an sich. Meine Oma wird hereingeschoben, sie sieht so schwach aus in ihrem Rollstuhl, vor deinem Tot konnte sie noch laufen, hatte sie es aufgegeben? Hatte sie sich aufgegeben? Sie schieben ihren Rollstuhl vor direkt vor die Urne. Meine Oma streichelt mit dem Daumen über sie, so als ob sie es nicht wahrhaben wolle, so als ob du davon wiederkommen würdest. Doch du würdes nicht wiederkommen. Meine Oma weinte, ihre Schultern bebten und dann gab sie einen schrei von sich, wodurch alle in dem kleinen Kämmerchen erschauderten, es hallte von den Steinwänden wieder .. drang in meinen Kopf ein und ist seiddem nicht mehr aus ihm herrausgekommen. Sie schieben ihren Rollstuhl in die Lücke neben mir und meine Oma krallt sich an meiner Hand fest, so fest, dass ich am liebsten hätte aufgeschrien. Ich fing an zu weinen, es kam einfach so. Aber nicht, weil du tot bist Opa, nicht deswegen. Es war einfach nur so, ich hätte gerne Mama dabeigehabt. Doch sie war nicht da, sie war in der Psychiatrie. Nicht da. Ich war allein. Das machte alles nur noch schlimmer, ich konnte nichts mehr sehen, nichts mehr hören. Irgendwann half mir mein Vater von meinem Stuhl auf, die Rede des Pfarrers musste anscheinend zu Ende sein. Die Leute ließen meine Familie und mich vor, zusammen liefen wir dem Pfarrer mit der Urne hinterher. Fremde und bekannte Leute nahmen mich in den Arm, sagten ich solle mich beruhigen. Ich erkannte sie nicht, ich erkannte ihre Stimmen nicht. Und dann kamst du, Mamas Vater, mein Opa und hast mich in den Arm genommen und das war alles was mir in dem Moment halt gab, als meine Füße unter mir nachgaben und die Welt aus den Fugen geriet. Und dann fing es an zu regnen, das war das Letzte was ich mitbekam.

Ich hasse Erinnerungen.
Ich hasse, wie ich Nachts aufwache und das schreien meiner Oma höre, die Stimme meines Opas die "Nur noch einmal bei dir sein.", flüstert, die Stimme meiner Mutter wie sie "Hohl mich hier raus Noemié!", schreit. Das Gesicht von ihr, abgemagert, der Schlauch für die Magensonde in der Nase.
Ich will sie los lassen, fliegen. Frei sein.

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